Michela und Darin haben ihrem Treedom-Limettenbaum in Guatemala besucht. In einem interkontinentalen Videotelefonat sprechen wir über Mangroven, Sozialismus und Wandmalereien. Wir in Italien, sie in Costa Rica.
Die beiden drehen das Telefon um und zeigen mir, wo sie sind: der Nebelwald, ein Ort wie aus einem Fantasy-Roman. Dort, wo die Feuchtigkeit des Dschungels ein fast filmisches Phänomen erzeugt: eine kleine Wolke über der Krone jedes Baumes.
Der Nebelwald in Costa Rica
„Also, das ist die Geschichte“, sagt Michela und schüttelt sich die widerspenstigen Locken aus den Augen. „Zum Valentinstag schickte er mir einen Blumenstrauß nach Liverpool - obwohl er schon seit Wochen in Mittelamerika unterwegs war. Da kam ich natürlich in Schwierigkeiten, weil ich noch keine Geschenkidee für ihn hatte“, lacht sie.
„Ein paar Tage zuvor war ich über eine Instagram-Story über Treedom gestolpert und habe gesehen, dass man einen Baum pflanzen und ihn überall hin verschenken kann. Ich gehe auf die Seite und sehe, dass das auch in Guatemala geht - einer der Orte, die er erreichen könnte. Ich denke: perfekt! Also, pflanze ich einen Limettenbaum und schenke ihm ihm mit einer kleinen Widmung. Wäre es nicht schön, ihn gemeinsam zu besuchen?"
Treedom vermittelt den beiden kurz danach den Kontakt zu Guglielmo, dem Projektleiter in Guatemala. Der antwortete schon bald per Whatsapp: „Wann kommt ihr?“ So, als ob sie alte Freunde wären. Michela und Darin machen sich auf den Weg von Flores, der Hauptstadt der Region Péten und erreichen nach einer Stunde mit dem Bus Nuevo Horizonte. Das ist das Dorf, wo Treedom gemeinsam mit AMKA, einer italienischen NGO, die die Feldarbeit koordiniert und vor Ort Bäume pflanzt.
Das Wandgemälde am Dorfeingang von Nuevo Horizonte
„Es ist eine unglaubliche Geschichte“, sagt Darin. „Diese Gemeinde entstand 1998, zwei Jahre nach der Unterzeichnung der Friedensabkommen, die den Bürgerkrieg beendeten. 130 Familien siedelten sich hier an und begannen ihr neues Leben mit fast nichts – ohne Trinkwasser oder Strom. Die Gemeinschaft funktioniert nach einem sozialistischen System: Jeder hat ein Haus und ein Stück Land.“ Guglielmo erklärte uns, dass auch die politische Führung geteilt wird: Jedes Mitglied der Gemeinschaft muss mindestens einmal in seinem Leben Ortsvorsteher werden.
„Wir gingen mit der Erwartung hin, nur ein paar Stunden zu bleiben. Am Ende verbrachten wir den ganzen Tag dort! Alle waren unglaublich großzügig mit ihrer Zeit und der Bereitschaft, ihr Wissen zu teilen. Sie waren begeistert, Menschen zu treffen, die die Bäume virtuell am anderen Ende der Welt gepflanzt hatten“, sagt Michela. „Man kann sehen, wie stolz sie auf das sind, was sie tun.“
Darin mit Projektleitern aus Nuevo Horizonte
„Diese Leute sind bei unserem Lemonito! Es ist eine Sache, einen Baum online zu kaufen, eine E-Mail zu erhalten, sein Tagebuch zu lesen. Aber diesen Setzling mit eigenen Augen zu sehen, gepflanzt vom anderen Ende der Welt ..." – Michela schaut vom Bildschirm weg – „(...) es war ein Moment, den wir mit uns tragen werden.“
„Danach haben sie uns eine Fläche gezeigt, auf der vor drei Jahren Bäume gepflanzt wurden. Es ist erstaunlich zu sehen, dass sie bereits Früchte tragen! Es gab so viele Limetten, der Geruch war unbeschreiblich. Wir zwei waren so begeistert, als würden wir ein Gemälde oder einen Sonnenuntergang bewundern“, sagt Darin.
Eine der Limetten, die vor drei Jahren gepflanzt wurden, trägt Früchte
Michela ist Ozeanografin, und eine ihrer neuesten Forschungen betrifft Bäume. Sie möchte herausfinden, ob Mangroven dazu beitragen können, Küsten vor extremen Ereignissen und dem steigenden Meeresspiegel zu schützen. Als wir ihr erzählen, dass Treedom nicht weit entfernt in Honduras auch Mangroven pflanzt, sagt sie: „Ach, wenn wir das nur gewusst hätten! Da hätten wir auch vorbeikommen können!“